Annette Watermann-Krass (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Korth, Sie reihen sich in die Haltung der
Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner ein, die auch verkündet: Wir können gerne etwas machen; aber es soll alles freiwillig sein.
Nordrhein-Westfalen ist Schlusslicht. Das hat Norwich Rüße gerade auch noch einmal dargestellt. Wir müssen uns anstrengen, um den Anteil im Ökolandbau zu erhöhen. Nur 5,9 % unserer Betriebe im Land wirtschaften ökologisch. Damit werden 85.000 Hektar ökologisch bewirtschaftet. Obwohl wir in Nordrhein-Westfalen innerhalb der letzten 18 Jahre eine Verdoppelung hatten, müssen wir diesen Vergleich mit den anderen Bundesländern sehen. Das muss unser Anreiz sein, Herr Korth. Wenn der Anteil in Bayern bei 23 %, im Saarland bei 16,5 % und in Hessen bei 14,7 % liegt, ist doch klar, in welche Richtung wir gehen müssen, weil Frau Klöckner und wir in der gemeinsamen Koalition in Berlin verabredet haben, in Deutschland, bitte schön, 20 % erreichen zu wollen.
Das Umstellungsinteresse ist riesig. Ich weiß nicht, ob Sie das auch vernommen haben. Ich bekomme die Nachrichten des Deutschen Bauernverbandes. Gemäß Konjunkturbarometer wären 17 % der Landwirte bereit, umzustellen. Deshalb fordert der Deutsche Bauernverband aktuell: Wir brauchen eine Verlässlichkeit bei der Ökoausgleichsprämie.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)
In einigen Bundesländern ist das dafür in der zweiten Säule vorgesehene Geld mittlerweile schon aufgebraucht. Deswegen richte ich hier auch noch einmal die Forderung an die Ministerin: Man kann nicht immer nur die zweite Säule bemühen. Wir müssen schon gucken, dass demnächst auch Geld da ist. Also Achtung, was wir mit der nächsten GAP-Reform machen!
Auch wir wissen, dass immer mehr Biolebensmittel nachgefragt werden. 2018 gaben die Konsumenten in Deutschland 5,5 % mehr Geld für Biolebensmittel aus. Insgesamt umfasst dieser Bereich 10,91 Milliarden Euro. Das ist ein riesiger Markt.
Die Umfrage zeigt: Vor allen Dingen jüngere Menschen lieben ökologisch erzeugte Produkte. Am beliebtesten sind – das sieht man, wenn man sich
diese Skala anschaut – Bioeier, Biomehl, Bioobst und Biogemüse. Es werden aber auch Molkereierzeugnisse und Fleisch immer häufiger in Bioqualität verlangt. Nachdem sie nicht nur in Naturkostläden nachgefragt werden, sondern auch in den Supermärkten und bei Discountern, finden sich deshalb folgerichtig dort im Biobereich immer mehr Angebote.
Diese Ware hat einen guten Ruf. Biolebensmittel gelten als gesünder, schadstoffärmer und nährstoffreicher. Außerdem sind sie umweltverträglicher, da beim Anbau, wie Sie ja auch ausgeführt haben, auf chemische Düngemittel und Pflanzenschutzmittel verzichtet wird. Diese können sich demnach auch nicht in Mensch, Tier und Umwelt schädlich auswirken.
(Zuruf von der FDP)
Folgerichtig ist daher: Ökologische Landwirtschaft trägt aktiv zum Artenschutz bei.
Für sehr viele Menschen spielt zudem die Tierhaltung eine große Rolle. Im Gegensatz zu konventionell gehaltenen Tieren haben Biotiere bessere Haltungsbedingungen und werden nicht mit Hormonen oder Antibiotika behandelt. Das macht es vielen Verbraucherinnen und Verbraucher leichter, sich für den Kauf von Fleisch zu entscheiden, anstatt es aus Gründen des Tierschutzes lieber ganz zu vermeiden.
Alles das sind nachvollziehbare Beweggründe für den Griff ins Bioregal. Es gibt aber auch noch eine Studie, die ich Ihnen hier vortragen möchte.
Das Thünen-Institut hat in einer Langzeitstudie über die letzten 30 Jahre festgestellt: Bio hat beim Gewässer-, Boden- und Klimaschutz in Sachen
Artenvielfalt und Ressourceneffizienz ganz klar die Nase vorn und gilt zu Recht als ein Schlüssel auf dem Weg zu einem nachhaltigen Landwirtschaftssystem.
An dieser Stelle setzt der Antrag der Grünen an. Sie fordern eine Stärkung des Ökolandbaus mittels einer Vielzahl von Maßnahmen, auf die
ich gerne eingehen möchte.
Sie wollen die Vermarkung regional erzeugter Bioprodukte unterstützen. Das befürworten wir.
Auch die Sicherung der Förderung des Ökolandbaus im Förderprogramm Ländlicher Raum die nächste EU-Förderperiode ist ein nachvollziehbares
Anliegen. An dieser Stelle sage ich noch einmal: Die Ministerin muss dafür kämpfen, dass demnächst auch mehr Geld in der zweiten Säule bereitsteht.
Ein Programm zur Verwendung von ökologisch produzierten Lebensmitteln für Kantinen und Mensen aufzulegen, ist eine sehr gute
Idee.
Herr Korth, früher war es so, dass das Kotelett, das angeboten wurde, einen Namen hatte. Man wusste nämlich, von welchem Hof das Schwein kam, dessen Schnitzel wir auf den Teller bekamen. Das ist der Unterschied zu früher. Es war nicht immer nur die Currywurst, sondern dann auch das bekannte Fleisch von diesem Hof.
Die Forderung, ein Forschungsförderprogramm aufzulegen sowie Forschung und Lehre zum ökologischen Landbau an den Hochschulen zu stärken, ist gut und richtig, weil es gerade in der Vergangenheit immer wieder zum Abbau gekommen ist. Für die Zukunft kann damit beständig und fachgerecht die Produktion von Biolebensmitteln erweitert werden.
Außerdem stellen Sie eine Forderung mit Blick auf die Berufsschulen. Ich bin selber zu unserem Berufskolleg gegangen. Es gibt wirklich kaum noch Lehrer in diesem Bereich, die aber notwendig sind, damit man guten Unterricht machen kann. Und wenn es die Verbindung zu Ökolandbau
geben soll, dann muss das in der beruflichen Ausbildung verankert sein. Diese Forderungen halten wir also für folgerichtig und vernünftig.
Ganz zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich persönlich kenne viele Landwirte, die sich schwer damit tun, in der öffentlichen Wahrnehmung ständig für ihre Arbeit kritisiert zu werden und sich rechtfertigen zu müssen.
(Bianca Winkelmann [CDU]: Ja!)
– Frau Winkelmann, auch Sie sind unterwegs. Es ist augenblicklich eine ganz schwierige Szene – sei es, weil sie konventionellen Landbau betreiben und wegen der einsetzenden Hilfsmittel in die Kritik geraten, oder sei es, weil sie wegen konventioneller Tierhaltung von den Tierschutzverbänden oder der Presse als Tierquäler hingestellt werden.
Wir wissen, dass die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe nur durch harte Arbeit und sparsames Wirtschaften gesichert werden kann. Aber macht diese Arbeit noch Freude, wenn man das Gefühl hat, dafür häufig öffentlich angeprangert zu werden? Ich denke nicht.
Deswegen zitiere ich jetzt einmal den Chefredakteur der „Landwirtschaftlichen Zeitung Rheinland“, Detlef Steinert, der es in der
vorletzten Woche – das konnte man nachlesen – in seinem Kommentar zum Ökolandbau auf den Punkt gebracht hat. Er nennt nämlich als Umstellungsargument, „endlich selbst wieder zu den Guten zu gehören“.
Wem all die sachlichen Gründe für eine intensive Stärkung der ökologischen Landwirtschaft nicht ausreichen, dem kann man nur sagen: Unsere Bauern sind mit ihrem Image unzufrieden. Also geben wir ihnen doch die Möglichkeit an die Hand, sich zu verändern!
Wir stimmen dem Antrag zu und freuen uns auf die Beratung im Ausschuss. – Herzlichen Dank.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)
Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Watermann-Krass. – Jetzt spricht Herr Diekhoff für die FDP-Fraktion.
(Es gillt das gesprochene Wort)